Das Naturschutzgebiet St. Arnualer Wiesen und seine wildwachsenden Orchideen

Aus "50 Jahre NABU Saarbrücken", von Walter Hoffmann

Die St. Arnualer Wiesen oder "Daarler Wiesen", wie sie hier genannt werden, sind Bestandteil der ehemaligen Saaraue im Südosten Saarbrückens, eingefaßt von dichter Wohnbebauung und industriell genutzten Bereichen der Stadtteile St. Arnual im Westen und Brebach im Osten.

Von der überaus reichen floristischen Ausstattung der St. Arnualer Wiesen sollen hier die in einer Großstadt bemerkenswerten Orchideenvorkommen vorgestellt werden, zuvor einige Er-läuterungen zur Lage, zur Topographie sowie zum bisherigen "Werdegang" dieser Flächen.

Der westliche Bereich der ca. 50 ha großen Fläche war bis 1955 Standort des Flughafens Saarbrücken, die restliche Fläche wurde landwirtschaftlich genutzt. Noch vor Einstellung des Flugbetriebs begann man, auf  Teilbereichen Trümmerschutt zu lagern. Die totale Umwandlung erfuhren die Wiesen Anfang der 60er Jahre bis Anfang der 70er Jahre durch den Autobahnbau entlang St. Arnual sowie der Verlegung der unterhalb des Halbergs verlaufenden Saar nach Westen bis zur Autobahn.

Neben den bisherigen Ablagerungen aus Trümmer-, teilweise auch aus Bauschutt, wurde der überwiegende Teil südlich des Nordwest-Südost-verlaufenden Dammweges bis etwa 5 m Höhe, bis über die Hochwassergrenze, mit Aushubmaterial aus dem Saardurchstich aufgefüllt. Im Zentrum erfolgte auf einem kleinen Teilbereich eine weitere, bis 3 m mächtige Sandaufschüttung, die heutige, seltenen Sandrasengesellschaften, unter anderem der Nelkenhafer-Schmiele (Aira caryophyllea), dem Kleinen Filzkraut (Filago minima) sowie dem Kleinen Vogelfuß (Ornithopus perpusillus), Lebensraum bietende Sandkuppe. Lediglich der Bereich nördlich des oben genannten Dammweges, teilweise als Mähweide genutzt, zeigt noch heute das ursprüngliche, immer wieder von Hochwassern überflutete Auenniveau.

Das ursprünglich für industrielle Ansiedlung vorgesehene Hauptareal wurde nach Planungsaufgabe sich selbst und damit einer bis heute ungehindert verlaufenden Sukzession überlassen. Bedingt durch unterschiedlichste Materialien, von lockerem Sand und Bauschutt bis zu dem von Baumaschinen verdichteten, basenreichen Saaraushub, in Verbindung von herüber-gewehtem Samenpotential aus Lothringen, dem nahen, orchideenreichen Saar-Blies-Gau sowie dem Zweibrücker Westrich, entstand ein Mosaik vielfältigster Lebensräume mit den ihnen eigenen Pflanzengesellschaften, Gesellschaften extrem trockener Standorte bis zu solchen durch winterliche Niederschläge bedingten, erst Anfang Mai trockenfallenden Flutmuldenbereichen. Ähnlich zeigen sich auch die Lichtverhältnisse: offene, besonnte Flächen wechseln mit durch Weiden, Pyramiden- und Zitterpappeln beschatteten Bereichen. Vom Rande der Sandkuppe dringt die Robinie in das Gebiet ein.

Trotz dieser hervorragenden faunistischen und floristischen Entwicklung schwebte jahrelang das Damoklesschwert wirtschaftlicher Begehrlichkeiten über den St. Arnualer Wiesen. Die gleichzeitigen und immer wieder erforderlichen Bemühungen zahlreicher engagierter Naturschützer, der Bürgerinitiative "Rettet die Daarler Wiesen", des Aktionbündnisses zur Rettung der Daarler Wiesen aus BUND, Bündnis 90/ Die Grünen und NABU, sowie bereits 1985 auf wissenschaftlicher Seite das "Gutachten zur potentiellen ökologischen Schutzwürdigkeit der St. Arnualer Wiesen" der Arbeitsgemeinschaft für Ökologie Dr. Sauer, Lösch, Dr. Maas, Prof. Dr. Kaule mit bis heute andauernder Bestandserfassung wurden 2004 mit Ausweisung der St. Arnualer Wiesen zum Naturschutzgebiet von Erfolg gekrönt.

Von hervorragender Bedeutung für die Ausweisung zum Naturschutzgebiet waren die reichen Orchideenvorkommen, bis 1999 10 Arten, wovon alleine das Fleischfarbene Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata) hier im Südwesten die größte Population aufweist.

Ihrer Bedeutung wegen seien - wie anfangs erwähnt - die Orchideen der St. Arnualer Wiesen hier, in alphabetischer Reihenfolge ihrer botanischen Nomenklatur, aufgelistet:

1. Pyramiden-Orchis (Anacamptis pyramidalis (L.) Rich.)

        hier sehr selten, sporadisch, Mitte Juni blühend

2. Schwertblättriges Waldvögelein (Cephalanthera longifolia (L.) Fritsch)

        wenige Exemplare, seit 1999 verschollen

3. Fleischfarbenes Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata (L.) Soó)

        reiche Vorkommen im Zentrum, ab Mitte Mai blühend

4. Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata agg.)

        vereinzelt im Nordwestbereich, Mitte Juni blühend

5. Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis (Rchb.) Hunt & Summerh.)

        vereinzelt nördl. der Sandkuppe, Mitte Mai blühend.

6. Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine (L.) Cr.)

        im gesamten Gebiet, Mitte Juni/ Juli blühend

7. Großes Zweiblatt (Listera ovata (L.) R. Br.)

        im gesamten Gebiet, Mitte Mai blühend

8. Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera Huds. ssp. apifera)

        vereinzelt im Nordostbereich, Mitte Juni blühend

9. Helm-Knabenkraut (Orchis militaris L.)

        reiche Vorkommen im Westbereich, ab 2. Maiwoche blühend

10. Zweiblättrige Waldhyazinthe (Platanthera bifolia (L.) Rich.)

        kleines Vorkommen im Zentrum, Mitte Juni blühend

 

Was können wir Besucher nun dazu beitragen, dieses Naturparadies vor unserer Haustür zu bewahren?

Das Erste wäre, den Gedanken in unsere Herzen aufzunehmen, hier - bei aller Freiheit - als Gast einzutreten!

 

Weitere Infos:  Arbeitskreise Heimische Orchideen (AHO) Deutschland

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