Natur- und Artenschutz in der Großstadt

Der Zoologische Garten der Landeshauptstadt Saarbrücken

Aus "50 Jahre NABU-Saarbrücken", von Ralf Kohl

Mitten in der dicht bebauten Fläche der Landeshauptstadt Saarbrücken findet sich am Hang des Wohngebietes Eschberg eine grüne Oase - der Zoologische Garten. 1950 wurde auf dem Gelände eines alten Buntsandsteinbruches der damals private Tiergarten neu eingerichtet.

Bereits 5 Jahre später übernahm die Stadt Saarbrücken den Zoo und kam damit dem Wunsch ihrer Bürger nach einem „richtigen“ zoologischen Garten nach. Seither hat sich am Hang des Eschberges viel verändert: Das Gelände wurde erweitert, neue Tierarten fanden ein Zuhause, Gehege wurden umgebaut und verbessert, neue geschaffen.

Heute erwarten etwa 900 Tiere aus 150 verschiedenen Arten die Besucher. Der Grünbereich am Eschberghang ist aber auch Lebensraum einer ganzen Reihe unterschiedlichster einheimischer Tiere - vom Haussperling bis zum Fuchs, von Libellen und Molchen bis zu Eichhörnchen und Siebenschläfern. Viele dieser Tiere profitieren von dem reichhaltigen und alten Baumbestand und den zusätzlich von der NABU-Gruppe Saarbrücken aufgehängten und betreuten Nistkästen. Leider haben sich bisher in den am Bauernhof und Streichelzoo installierten Mehlschwalbennisthilfen noch keine Schwalben eingefunden, dafür wurden die Nisthilfen von Haussperlingen besiedelt.

Der Zoologische Garten Saarbrücken ist mit seinen weit über 200.000 Besuchern im Jahr eine der meist besuchtesten öffentlichen Einrichtungen des Landes. Etwa die Hälfte der Zoobesucher sind Kinder. Gerade für sie ist das hautnahe Erleben von Tieren besonders wichtig.

Um die Kinder auf die Verhaltensweisen und Ansprüche der Tiere aufmerksam zu machen, unternimmt man in Saarbrücken eine ganze Menge: Es gibt Führungen zu unterschiedlichen Themengebieten im Rahmen des Biologieunterrichtes und Rallyes für Schulklassen und andere Gruppen. In den Ferien wird den Daheimgebliebenen ein vielfältiges Ferienprogramm an-geboten. Eine besondere Attraktion sind die Kindergeburtstage, die regen Zuspruch finden.

Leider ist in der letzten Zeit viel über die Notwendigkeit eines Zoos in Saarbrücken diskutiert worden. Die NABU-Gruppe Saarbrücken hat sich daher im März 2006 mit einem offenen Brief an die Verantwortlichen gewandt.

In Zeiten leerer städtischer Kassen muß versucht werden, Ausgaben einzusparen und neues Geld in die Kasse zu bringen. Wie vielen Artikeln und Leserbriefen der Presse der letzten Wochen zu entnehmen war, soll auch der Saarbrücker Zoo in seiner jetzigen Form unter den Sparzwängen leiden. Bei der Landeshauptstadt Saarbrücken werden Überlegungen zur Umge-staltung des Zoos angestellt. Zwei Möglichkeiten zur Reduktion der Kosten werden diskutiert: eine Verlagerung in den Deutsch-Französischen-Garten und eine Verkleinerung am derzeitigen Standort. Beide Möglichkeiten führen zu erheblichen Attraktivitätseinbußen.

Der Vorstand der NABU-Ortsgruppe Saarbrücken e.V. setzt sich für den Erhalt des Saarbrücker Zoos auf der gesamten momentan zur Verfügung stehenden Fläche am Fuße des Eschber-ges ein. Wir möchten die Verantwortlichen auf wichtige Argumente für diese Lösung aufmerksam machen.

- Der Deutsch-Französische-Garten (DFG) ist genau wie der Saarbrücker Zoo ein in seiner jetzigen Form intensiv genützter Freiraum im Kernbereich der Landeshauptstadt. Eine attrak-tive Landeshauptstadt sollte es sich leisten können, zwei so unterschiedliche Freiräume wie den DFG und den Zoo mit ganz unterschiedlichen Besuchergruppen im Bereich der Kernstadt zu unterhalten.

- Der DFG steht momentan ohne Eintrittsgeld jeder Bürgerin und jedem Bürger offen. Eine Integration des Zoos in den DFG würde dies ändern: Spaziergänger, Jogger, Walker, Mütter und Väter mit Kinderwagen und viele andere Nutzergruppen des DFG müßten Eintritt zahlen. Manche würden aus finanziellen Gründen ausgesperrt.

- Als nutzbare Fläche für Tiergehege scheiden im DFG große Areale aus: Weiher, Gulliver Welt, Ehrenfriedhof, unter Denkmalschutz stehende Bereiche, Flächen der Gastronomie-Betriebe, Kleingartenanlage, durch Wohnhäuser genützte Bereiche. Die nutzbare Restfläche für den Zoo wäre bescheiden.

- Im DFG herrscht durch die umliegenden Straßen und die Eisenbahnstrecke nach Frankreich eine viel höhere Lärmbelästigung als am Fuße des Eschberges. Dies wäre für Zootiere wie Zoobesucher gleichermaßen von großem Nachteil.

- Das Deutschmühlental ist eine Kaltluftschneise und hat ein wesentlich ungünstigeres Mikroklima als der sonnige Südhang des Eschberges. Dieses Argument wurde schon einmal in Betracht gezogen, als im letzten Jahrhundert der Zoo aus dem Deutschmühlental an den Süd-hang des Eschberges verlegt wurde. Es sollte vor allem in Hinsicht auf zukünftige Energiekosten , insbesondere bei Warmhäusern, im Falle einer Verlegung des Zoos berücksichtigt werden.

- Mit den immensen Baukosten für eine Neuanlage von Zoogehegen - auch vor dem Hinter-grund der Verkleinerung - könnte am momentanen Standort die Zukunft des Zoos über Jahre gesichert werden. Hinzu kämen nicht unerhebliche Umzugskosten und ein Einnahmenausfall während der für Besucher wenig attraktiven Umzugszeit. Zudem würde der Zoo am derzeiti-gen Standort während der Neubaumaßnahmen im DFG an Attraktivität einbüßen, da dringend notwendige Reparaturen am alten Standort wohl kaum parallel zu finanzieren wären.

- Selbstverständlich ist der DFG als weitestgehend flaches Talgelände von älteren Menschen, Behinderten und Eltern mit Kinderwagen leichter zu begehen als das Gelände am Eschberg. Gerade diese besondere Geländevielfalt macht jedoch das spannende Saarbrücker Zooerlebnis aus, das die überwiegende Mehrheit der Zoobesucher zu schätzen weiß. Was an anderen Standorten  mühsam mit vielen zooarchitektonischen Raffinessen aufgebaut wird,  kann im ehemaligen Steinbruchgelände am Fuße des Eschberges als natürliche Strukturen genützt werden, z.B. die tolle Sandsteinwand im Gibbongehege. Gerade diese vielfältigen Gelände-strukturen und die darauf wachsende Vegetation bieten einer ganzen Reihe wildlebender Tiere mitten in der Stadt ein Refugium. Nicht zuletzt ein Grund, warum sich die Saarbrücker NABU-Ortsgruppe schon seit Jahrzehnten im Zoo engagiert.

- Bei einer Verkleinerung des Zoos - unabhängig vom Standort - müßten Tiere abgegeben werden. Die alten Tiere, wie z. B. die Schimpansengruppe, würde   kaum ein  anderer Zoo übernehmen.

- In zahlreichen Presseartikeln wurden die Besucherzahlen des Saarbrücker Zoos mit denen des Zoos in Neunkirchen verglichen und auf die höheren Zahlen des Neunkircher Zoos im letzten Jahr hingewiesen. Diese Zahlen werden als Argument für eine angeblich mangelnde Attraktivität des Saarbrücker Zoos herangeführt. Jahrzehntelang hatte der Saarbrücker Zoo höhere Besucherzahlen als der Neunkircher Zoo. Während aber in Neunkirchen die für viele Zoobesucher ganz oben auf der Hitliste der Lieblingszootiere stehenden Elefanten in ihr neues Haus einzogen, kam der Saarbrücker Zoo nicht mehr aus den schlechten Schlagzeilen der Stadtpolitik heraus. Ist diese Entwicklung der Besucherzahlen da verwunderlich?

Natürlich läßt sich die Attraktivität des Saarbrücker Zoos weiter steigern und damit auch höhere Besucherzahlen erreichen. Hierzu sollten aber nicht nur die Saarbrücker Bürger, sondern auch die politischen Entscheidungsträger klar zum Saarbrücker Zoo stehen und alles nur Erdenkliche versuchen, den Saarbrücker Zoo in der jetzigen Geländegröße zu erhalten und überregional als das bekannt zu machen, was ein moderner Zoo leisten kann: neben Freude, Erholung und Information der Besucher gleichzeitig Ort für Arten- und Naturschutz zu sein. Damit kann die Landeshauptstadt Saarbrücken weit mehr gewinnen als mit dem Verkauf von Baugelände am Eschberghang.